England,  Tintagel

Tintagel: Von Mythen und Legenden

Im Grunde ist Tintagel ist ein typischer kleiner Küstenort in Nord-Cornwall. Der „Stadtkern“ besteht aus einigen kleinen Läden, Souvenirshops, Restaurants, Cafés und Bakerys – in jeder einzelnen davon gibt es selbstverständlich die besten Pasties, eh klar. Aber Tintagel ist eben doch kein Küstenort wie jeder andere. Denn hier sollen sowohl König Artus – auch King Arthur – als auch Merlin, der Zauberer, gelebt haben. Und das merkt man auch: Die Souvenirshops sind voll mit Ritterrüstungen, Schwertern (Excalibur, ihr wisst schon), Trinkkelchen und irgendwelchen Zauberer-Dingen (mittelalterliche, nicht solche aus der Harry-Potter-Ära). Aber machen wir uns nichts vor: Abgesehen davon, bleibt Tintagel einfach ein hübscher kleiner Küstenort mit knapp 1.000 Einwohnenden – mit Burg und Merlins Höhle.

Wir parken auf dem Parkplatz „Old Tintagel Country Club Car Park“ – eine gute Wahl, denke ich. Denn gegen 11 Uhr finden wir problemlos einen freien Platz. Bezahlen können wir mit der App „Just Park“. Angenehmer wäre es, wenn es eine einheitliche Park-App gebe, denn auf anderen Parkplätzen mussten wir dafür „RinGo“ nutzen. Macht aber nichts, trotzdem eine gute Option.

Der Parkplatz liegt nur wenige Minuten vom Eingang des Burg-Areals entfernt. Bevor wir uns auf den Weg machen, kaufen wir uns ein typisches Cornish Pastry, eine gefüllte Teigtasche, in unserem Fall mit Kartoffeln, Zwiebeln und Käse. Sie erinnert an eine kleine Calzone, normalerweise sind sie mit Rindfleisch, Kartoffeln und Zwiebeln gefüllt. Mag sein, dass diese Variante besser ist, die Veggie-Version war ehrlich gesagt nicht so mein Fall. Egal, einen Versuch war es Wert – und regionale Gerichte sollte man doch immer mal probiert haben. Die Pasties gibt es an nahezu jeder Ecke zu kaufen, egal, ob in eigenen Pasty-Shops, in Bäckereien oder im Supermarkt.

Artus, Merlin und Excalibur

Beschäftigt man sich mit Tintagel und besonders mit dem Tintagel Castle, kommt man an der Sagengestalt „König Artus“ nicht vorbei. Denn in der alten Sage um König Artus von Geoffrey of Monmouth, die aus den 1130er-Jahren stammen soll, stehen Artus und die Burg unmittelbar miteinander in Verbindung. Der Schrift zugrunde liegt – natürlich – eine Liebesgeschichte. Zumindest sowas in der Art.

Die Kurzversion: Es war einmal Gorlois, Herzog von Cornwall, dessen Frau Igraine hieß. Gorlois kam mit seiner Frau und seinen Leuten nach Tintagel Castle. In dieser Burg versteckte Gorlois seine Frau Igraine, wo er sie außerdem bewachen ließ. Und zwar vor Uther Pendragon, dem damaligen „Hochkönig“. Denn dieser war, wie soll es anders sein, verliebt in Igraine, die ja aber die Gemahlin des Herzogs war. Damit Uther Pendragon die Burg ohne Aufsehen betreten und sich Igraine nähern konnte, verlieh der Druide Merlin ihm das Aussehen von Gorlois. Fun Fact: Merlin soll es auch gewesen sein, der den Steinkreis in Stonehenge errichtete. Der Plan ging auf – Uther Pendragon und Igraine zeugten Artus, der später auf der Burg geboren wurde. Gleichzeitig fällt der Herzog von Cornwall im Kampf, Uther und Igraine vermählen sich. Merlin nimmt Artus als Baby zu sich, bevor er ihn zum Ritter Sir Ector gibt, bei dem der Junge aufwächst und gleichzeitig als dessen Knappe dient.

Irgendwann schmiedet Merlin ein Schwert, das – je nach Überlieferung – Excalibur genannt wird. Mithilfe seiner Zauberkräfte versenkt er es in einen Stein und verkündet, dass derjenige, der das Schwert aus dem Stein ziehen kann, der rechtmäßige König Britanniens sein solle. Aus dem ganzen Land pilgern junge Männer zu Merlin und seinem Schwert, um es aus dem Stein zu ziehen. Ohne Erfolg. Eines Tages findet ein Ritterturnier statt, an dem Artus Ziehvater, Sir Ector und dessen Sohn teilnehmen. Als der Sohn sein Schwert nicht finden kann, zieht Artus Excalibur aus dem Stein und bringt es zum Turnier. Merlin, der Druide, gibt anschließend Artus wahre Abstammung Preis und er wird zum Hochkönig gekrönt.

Die Ruinen, die heute noch zu sehen sind, stammen von der Burg, die Richard, Earl of Cornwall, um 1233 erbauen ließ. Ausgrabungen lassen aber darauf schließen, dass schon Mitte des 5. Jahrhunderts erste Gebäude an derselben Stelle standen. 

Auf zum Tintagel Castle

Wir machen uns also auf den Weg zur Burg, alles ist wunderbar ausgeschildert. Tintagel Castle ist Eigentum des English Heritage – das merkt man, das Areal ist gepflegt und dementsprechend sind auch einige Menschen unterwegs. Es gibt die Möglichkeit, sich mit einem Jeep vom Ticket Office zur Burg fahren zu lassen. Wir verzichten, für eingeschränkte Personen aber sicher eine Option.

Am Ticketschalter angekommen, eröffnet sich ein toller Blick auf die Hängebrücke, die von der einen Seite der Klippen über eine kleine Schlucht auf die andere Seite führt. Sie ist relativ neu und wurde erst im Jahr 2019 fertig gestellt Sie erleichtert die Überquerung der Schlucht, die zuvor nur über eine kleinere Brücke möglich war, die immer noch existiert und die wir später ebenfalls überqueren werden. Bevor wir die stählerne Hängebrücke betreten können, staunen wir erst einmal über den Ticketpreis: 21 Pfund pro Person. Aber gut, man ist ja nicht jeden Tag in Cornwall. Und: Die Gegend um die Burg ist wirklich gut ausgebaut. Es gibt Toiletten, ein Café, moderne Brücken und jede Menge Info-Tafeln, alle Wege sind gut befestigt und ausgeschildert. All das will immerhin instandgehalten werden.

Das Gelände bietet super viele Möglichkeiten. Mehrere Pfade umgeben beide Seiten der Hängebrücke, auf denen man sich verlieren kann und einen wunderbaren Blick auf die schroffen Klippen hat. Die verschiedenen Teile der Burgruine sind mit Infotafeln bestückt, die über deren damalige Funktion im Leben ihrer Bewohner*innen berichten. Und abseits der Burg steht eine alte Kapelle, an die ein wunderschöner Friedhof voller Wildblumen angeschlossen ist, deren Gräber bis ins Jahr 1800 zurückreichen.

Wir nutzen zunächst die „Low Tide“, also die Ebbe, um einen Abstecher in Merlins’s Cave zu machen, die unterhalb der Burg liegt. Der Boden der Schlucht ist von schwarz-grauem Sand bedeckt. Ein kleiner Wasserfall bahnt sich seinen Weg entlang der schroffen Felswand, Steinbrocken ragen aus dem sandigen Boden – später werden sich die Wellen des Atlantiks an ihnen brechen. Ein recht schlichtes und nicht beschildertes Loch in der Felswand bildet den Eingang zu der Höhle, in der der Zauberer Merlin gelebt haben soll. Wie er das bei Flut angestellt haben soll, ist mir ein Rätsel, dann ist die Höhle nämlich komplett geflutet – aber er kann ja zaubern, da geht das schon. Die Höhle ist vielleicht 20 Meter lang, auf der anderen Seite strahlt Sonnenlicht hinein. Wir klettern über die Steine ins Innere der Höhle, deren Grund hier und da mit Wasser bedeckt ist.

Auf der anderen Seite des Strandes liegt eine weitere Höhle, die sich aber nicht komplett durchqueren lässt und in der ziemlich viele Tauben leben. Wir machen ein Päuschen in der Sonne, bevor wir die Küstenwege entlangschlendern und uns die Burgruine ansehen. Unsere letzte Station ist der alte Friedhof, der zwar nicht zum Burggelände gehört, aber über einen Pfad direkt damit verbunden ist. Von dort aus kehren wir durch das kleine Dorf zum Auto zurück. Wir verbringen mehrere Stunden in Tintagel, die Burg und das gesamte Gelände drumherum sind auf jeden Fall einen Besuch wert.

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..