
Koh Kret: Eine Insel in der Millionenstadt
2.1.2019
An dem Wörtchen „Koh“ erkennt man es bereits – auf deutscht bedeutet es „Insel“. Und genau das ist Koh Kret: Eine Insel inmitten der Millionenstadt Bangkok, umgeben vom Chao Praya. Nachdem wir den kleinen Tagesausflug bei unserem Aufenthalt 2017 nicht mehr geschafft haben, möchten wir den Inselbesuch diesmal nachholen.
Laut Internet und Fahrplan an unserem Startpier „Thewet“ fährt die grüne Bootslinie direkt zur Insel. Die Dame am Schalter – naja, es ist viel mehr ein kleiner Schreibtisch mit allerlei bunter Tickets – nickt freundlich, drückt uns zwei Fahrkarten in die Hand und winkt uns in das ankommende Boot der orangefarbenen Linie. Zusammen bezahlen wir 30 Baht, wirklich günstig. Es ist kurz vor 10 Uhr morgens. Das Publikum im Boot ist bunt gemischt, die Sonne flutet den Innenraum und die letzten kühlen Winde des Morgens wehen uns um die Ohren. Nach rund 30 Minuten Fahrtzeit lichten sich die Menschen um uns herum – und dann halten wir an der Endstation. Auf Koh Kret sind wir allerdings nicht. Stattdessen steigen wir am Nonthaburi-Pier aus. Allzuweit kann es nach Koh Kret nicht mehr sein. Wir erkundigen uns an den Schaltern um den Pier, jeder der Mitarbeiter sagt uns allerdings, dass hier keine regulären Bootslinien führen. Sofort sprechen uns Privatpersonen an, die uns mit ihren eigenen Bötchen zur Insel bringen möchten. Wir lehnen ab – es muss einen anderen Weg geben. Wir laufen los und erkunden die Gegend. Nach einigen Minuten folgt die Ernüchterung: Es gibt wohl tatsächlich keinen anderen Weg, als ein Privatboot zu nutzen. Wir sprechen einen Herrn von vorhin an – er wirkt ein wenig selbstgefällig, fährt uns aber rüber. Zusammen bezahlen wir 400 Baht – ganz schön happig, aber was soll man machen, wenn’s keine Alternative gibt? Der Mann drückt ordentlich auf’s Gas, das Boot klatscht auf’s Wasser, eine Freude für Steißbein und Wirbelsäule.


Es ist ziemlich genau 11 Uhr und wir sehen keinen einzigen Touristen. Auch die Bewohner der Insel wirken sehr gemütlich und noch etwas verschlafen, das Gackern der Hühner ist das wohl lauteste Geräusch. Ein Inselrundweg ist ausgeschildert, er muss etwa sechs Kilometer lang sein. Wir machen uns auf den Weg. Der äußere Bereich der Insel ist der gepflegt – wir sehen Stege mit kleinen Restaurants, die mit Fähnchen geschmückt und von Kletterpflanzen bewachsen sind. Je weiter wir gehen, desto kaputter, schmutziger und chaotischer wird es auf der Insel. Ihrem Charme tut das kaum einen Abbruch. Auch das ist Thailand. Die Wege sind teilweise sehr eng, die Kurven scharf. Es gibt einige kleine Geschäfte, in denen man sich Fahrräder für 40 Baht mieten kann, außerdem begegnen wir immer wieder Rollertaxis. Wir kommen vorbei an mehr oder weniger schäbigen Wohnhäusern, (meist) geschlossenen Restaurants, an vielen Geisterhäuschen, einem Tempel, Bananen- und Kokosnussplantagen, einer Schule, in deren Hof Kinder Fußball spielen. Die Insel ist vielfältig, aber doch einheitlich. Es ist schwer zu beschreiben – kaum zu glauben, dass man in Bangkok ist, ticken die Uhren auf Koh Kret doch ganz anders als im pulsierenden Herzen der Metropole. Nur wenige Bewohner interessieren sich für uns, die meisten schenken uns ein Lächeln, viele Ältere schauen eher skeptisch drein. Meine Kamera kann ich kaum aus der Hand legen. Diese Insel ist irgendwie eigen und doch ist sie charakteristisch für Thailand: Hübsch und charmant, aber auch in die Jahre gekommen und voller Müll.


Eines unserer Highlights? Als um 12 Uhr die thailändische Nationalhymne aus den Lautsprechern der Insel dröhnt, stockt das Leben um uns herum nicht wie üblich. Weil wir um uns herum keinen einzigen Menschen sehen können. Stattdessen rennen etwa zehn Hunde aus einer Hofeinfahrt und begleiten Gesang und Instrumente mit Johlen, Heulen und Bellen. Als die Hymne verstummt, verschwinden auch die Hunde wieder in ihren schattigen Hinterhöfen. Die Thailänder und ihr Nationalstolz – eine Eigenschaft, die wohl auch an den tierischen Bewohnern des Landes nicht vorüber geht.



Der Rückweg ist ziemlich cool. Entgegen unserer Annahme, dass man nur per Boot zur Insel kommt, entdecken wir, dass von Koh Kret aus eine Fähre zum anderen Ufer fährt – ähnlich der Fähre, die zwischen Königspalast und Wat Arun verkehrt. Wir kramen ein paar Münzen heraus, aber irgendwie möchte die keiner haben. Auf der anderen Seite angekommen, hilft uns Google Maps weiter. Wir verlassen den Pier, gehen nach links und dann immer geradeaus. Nach etwa fünf Minuten befinden wir uns wieder mitten im Großstadtdschungel – obwohl wir uns immer noch rund 20 Kilometer vom Zentrum Bangkoks entfernt befinden. Wir stehen vor einer riesigen Kreuzung. Auf der anderen Straßenseite befindet sich eine Bushaltestelle, von der aus wir zurück zum Nonthaburi-Pier fahren. Die Fahrt dauert rund eine Stunde. Von der Bushalte zum Pier sind es nun noch wenige Gehminuten. Google Maps und einer Thai-SIM-Karte sei Dank. Am Pier angekommen, steigen wir in das Express Boat der orangenen Linie, das uns zum Thewet-Pier bringt.
Übrigens: Vom Bus aus sehen wir, dass nur ein paar Meter rechts neben der Start-Haltestelle die Eingänge zweier großer Markthallen liegen. Die wären sicherlich einen Besucht Wert gewesen.
Mein Fazit zu Koh Kret? Machen! Der Ausflug auf die Insel war so ganz anders als alles andere, was ich bisher in Bangkok unternommen habe (und das war immerhin mein siebtes Mal!). Es war ruhig, beinahe menschenleer und ziemlich entschleunigend.
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