
Ponta do Sol: Levada Moinho und Levada Nova
Als wir um 9.30 aufbrechen, ist es bereits angenehm warm – T-Shirt und Shorts sind völlig ausreichend. Und das am letzten Tag des Oktobers. Heute machen wir unsere erste Levada-Wanderung. Levadas sind wohl DAS Markenzeichen Madeiras, neben der außergewöhnliches Pflanzenvielfalt natürlich.
Levadas sind alte Bewässerungssysteme, die einst dafür sorgten, Wasser aus den regenreichen Regionen der Insel in die wasserärmeren Regionen zu leiten. Die schmalen Kanäle schlängeln sich durch die außergewöhnliche Landschaft: Entlang städtischer Gehwege, durch in Felsen geklopfte Tunnel, vorbei an Bananen-Plantagen oder am Rande riesiger Farn-Sträucher in dicht bewachsenen Feldern. Folgt man den Levadas, lernt man Madeira in seiner vollen Schönheit kennen. Denn heute sind die Bewohner*innen der Atlantikinsel kaum mehr auf die Kanäle angewiesen – viel mehr nutzen Tourist*innen sie, um die Insel zu erkunden. Entlang der meisten Levadas verlaufen mehr oder weniger gut ausgebaute Wanderwege. Und das sind jede Menge: Etwa 60 Levadas zählt die Insel, teilweise sind sie sehr lang oder kreuzen sich. Es gibt also jede Menge Wege zu entdecken.
Für uns steht heute die Levada Moinho auf dem Programm, die nach einiger Zeit in die Levada Nova übergeht. Der Weg entlang der Levada Moinho startet in Ponta do Sol, unserem Wohnort auf Madeira. Allerdings auf der anderen Seite des Tals. Also laufen wir bei wunderbarer (portugiesischer) Herbstsonne erst einmal einige hundert Meter ins Tal, um auf der anderen Seite wieder nach oben zu steigen. Nach knapp einer Stunde machen wir die erste Pause – und da hat die eigentliche Wanderung noch gar nicht richtig begonnen.



Es ist heiß, die Sonne gibt alles und wir leeren unsere erste Trinkflasche. Madeira ist eine Vulkaninsel, dementsprechend hügelig (oder sagen wir besser bergig) ist sie auch. Abenteuerliche Autofahrten sind vorprogrammiert, dementsprechend steil und anstrengend ist auch der Weg zurück in die höheren Regionen der Insel. Aber es loht sich: Ehe wir mit reichlich Natur und einem wunderbaren Ausblick belohnt werden, wandern wir durch eine ganz bezaubernde „Wohngegend“. Verwinkelte Häuschen mit dösenden Katzen auf bunt gestrichenen Gartenmäuerchen, kleine Trinkbrunnen, reichlich Kakteen und zwei Meter hohe Weihnachtssterne in den Vorgärten – und dazu freie Sicht auf den Atlantik.


Wir laufen weiter und durchqueren Bananen-Plantagen, bis wir nach einer kleinen Kirche den eigentlichen Wanderweg entlang der Levada erreichen. Die Aussicht verändert sich: Anstelle des Meeres liegt uns von nun an ein Tal zu Füßen, an dessen Hängen sich terrassenförmig kleine Anbaugebiete und Wohnhäuser aneinanderreihen. Der Weg ist erdig, aber gut begehbar und gesichert – die dünnen Stahlseite sind zwar an einigen Stellen ein bisschen lädiert und die tragenden Pfosten hin und wieder umgeknickt, aber fürs Gefühl hilft’s auf jeden Fall.






Irgendwann erreichen wir einen kleinen Fluss, der leicht zu überqueren ist und gelangen auf einen öffentlichen Grillplatz, auf dem sich einige Bewohner*innen der Insel zum Mittagessen getroffen haben – wir machen mit. Statt Würstchen gibt es für uns Käsebrote und Äpfel, auch gut. Der kleine Fluss war wohl das Resultat des Wasserfalls, der jetzt zu sehen ist. Wir entscheiden uns dafür, wiederum auf die andere Seite des Flusses zu gelangen. Diesmal ist er um einiges breiter und auch nicht mehr allzu leicht zu überqueren. Aber mit ein bisschen Geschick hat auch das geklappt. Die Umgebung wird rauer, wie passieren einen Tunnel und finden uns am anderen Ende in Wolken wieder – keine Seltenheit auf Madeira. Wie zu Beginn unserer Wanderung kommen wir irgendwann wieder in einem Wohngebiet raus und wandern durch das große Tal in Ponto do Sol zurück auf die andere Seite.
