Laos,  Thakhek-Loop

Thakhek-Loop, Teil II: Mit dem Roller durch Laos

Tag 1: Von Thakhek nach Thalang

Wir stehen vor der Rollervermietung, packen unsere Sachen ins Helmfach unserer Honda Zoomer, ziehen die Bänder an den Helmen fest und stecken die Schlüssel in ihre Zündschlösser. Ich bin einfach nur aufgeregt – seit Tagen. Mal voller Vorfreude, mal kurz vorm Losheulen. Zum Glück geht’s endlich los. Wir rollen aus der kleinen Straße, fahren nur wenige Meter zur Hauptstraße, um dort am nächsten Supermarkt zu halten und uns mit Wasser und Snacks einzudecken. Okay, bis hier hin war’s gar nicht so schlimm. Blinken: Check. Auf den Parkplatz vorm Supermarkt fahren: Check. Aber wir sprechen auch von 400 Metern Strecke und 30 km/h, nichts für ungut.

Wir verlassen Thakhek zunächst nicht über die Hauptstraße, sondern weichen auf die Straße aus, die oberhalb entlangführt. Dirk, der Besitzer des Rollerverleihs, hatte uns den Tipp gegeben. Auf der Hauptstraße selbst gibt’s oft Polizeikontrollen, die für Ausländer*innen meist nicht fair ablaufen. Dass Korruption ein Problem in Südost-Asien ist, ist bekannt. Wir nehmen also die Parallelstraße und halten uns penibel an die Regeln, stehen keinen Zentimeter über der Haltelinie und ordnen uns beim Abbiegen perfekt in die Spur ein.

Schon an der ersten Ampel sind wir mittendrin im asiatischen Verkehrs-Game. Angehalten wird nicht hintereinander, sondern nebeneinander – dort, wo eben noch Platz ist. Es dauert nicht lange und wir erreichen den Highway Nummer 12. „Highway“ klingt schlimmer als es ist. Vielmehr düsen wir mit vierzig, fünfzig Sachen über eine geteerte und gut ausgebaute Landstraße, teilweise sehen wir minutenlang keine anderen Fahrzeuge. Die Straße ist kein Hingucker, hier und da gibt es krater-artige Schlaglöcher, auf die man unbedingt achten sollte und es kommt schon einmal vor, dass wir von LKW überholt werden.

Der Beginn des Loops ist sicher nicht das idyllischste Stück, so ehrlich muss man sein. Macht aber überhaupt nichts. Die Karstberge dauerhaft im Blick, laotische Schulkinder, die am Rande der Straße in die (Fahrrad-)Pedale treten, immer wieder goldgelbe Felder mit Wasserbüffeln und dazu der warme Wind, der mir um die Ohren pfeift? Für mich Entschädigung genug – Straße hin, Straße her.

Tham Pa Sueam: Postkarten-Idylle

Nach einigen Kilometern verlassen wir die Hauptstraße und biegen in eine Seitenstraße. Die Seitenstraße ist eine Schotterpiste, die zu Beginn aus kleinen Steinchen besteht und zum Ende hin aus faustgroßen Steinen. Wir drosseln unser Tempo und bahnen uns den Weg Richtung Tham Pa Sueam, einer kleinen Höhle, die inmitten von Natur und direkt an einem See liegt. Wir stellen unsere Roller neben dem einzigen Roller ab, der sonst noch auf der Park-Wiese steht und bezahlen 2.000 Kip (11 Cent) fürs Parken – die Höhle selbst kostet keinen Eintritt.

Mit Rucksack und Helm bepackt laufen wir bei brütender Hitze den Weg aus rotem Sand entlang. Der Weg ist von dichten Bäumen und verschiedenen Pflanzen gesäumt, die Insekten geben alles und wir werden vom typischen Dschungel-Sound begleitet. Nach ein paar hundert Metern erreichen wir eine Holzbrücke, die ihre besten Zeiten definitiv hinter sich hat. Die Bretter knarzen, ein Geländer ist quasi nicht mehr vorhanden und der Weg ist zur Hälfte zugewuchert. Trotzdem schaffen wir es trockenen Fußes zu der kleinen Höhle. Viel spektakulärer ist allerdings der See. Ein hölzerner Steg führt zu einer einfachen Hütte, im Hintergrund ragen Karstberge empor, die Sonne steht hoch am blauen Mittagshimmel. Es ist wunderschön.

Tham Nang Aen Cave: Faszinierende Tropfsteinformationen

Über die Schotterpiste geht’s zurück Richtung Highway, immer wieder begegnen und Ziegen und Kühe am Straßenrand. Angebunden sind sie nicht, einige tragen Glöckchen um den Hals. Wir halten immer wieder an, weil ich die Schönheit dieser Landschaft nicht fassen kann und am liebsten alles festhalten möchte. Zurück auf dem Highway brauchen wir nicht lange, um unseren nächsten Stopp zu erreichen. Die Tham Nang Aen Cave ist groß, gut ausgebaut und relativ bekannt.

Der Zufahrtsweg wird von einem gespannten Seil versperrt. Wir halten an dem kleinen Häuschen an, bezahlen jeweils 30.000 Kip (1,60 Euro) und fahren weiter auf den Parkplatz vor der Höhle. Auch hier ist der Parkplatz vielmehr eine abgefahrene Wiese. Wir suchen uns ein schattiges Plätzchen unter einem Baum, klemmen die Bänder unserer Helme am Helmfach fest und machen uns auf zur Höhle. Am Eingang erfahren wir, dass es neben der reinen Besichtigung zu Fuß auch die Möglichkeit gibt, sich mit einem Boot ins Innere der Höhle fahren zu lassen. Auf dem Gelände gibt’s außerdem eine kurze Zip Line, die für meinen Geschmack allerdings nicht sonderlich vertrauenserweckend aussieht. Auf beides verzichten wir.

Die Höhle ist mit bunten Scheinwerfern ausgeleuchtet, was ihr eine besondere Atmosphäre verleiht. Hier und da führen Treppen nach oben oder unten, die aufgetürmten Tropfsteinformationen werfen Schatten an die nassen Wände. Immer wieder sehen wir kleine Schreine, Schilder, auf denen Weisheiten geschrieben stehen, Geisterhäuschen oder Steine mit bunten Bändern. Das kennen wir bisher nur von Bäumen:  Sieht man in Südostasien Bäume, die mit bunten Bändern umwickelt sind, so zeigt das, dass die Menschen sie für heilig halten und Geister darin wohnen können.

Ein Besuch in der Höhle lohnt sich auf jeden Fall. Auf dem Gelände gibt es außerdem einen kleinen Shop, Sitzmöglichkeiten und recht saubere Toiletten.

Das letzte Stück: Nudelsuppe und eine fehlende Unterkunft

Weiter geht’s. Es ist mittlerweile halb eins am Mittag, bis Thalang haben wir noch 90 Kilometer vor uns. Was wir außerdem haben: Hunger. Also schwingen wir uns wieder auf die Roller. Nach einiger Zeit entdecken wir am Rande des Highways ein paar offene Holzhütten, darin stehen Tisch mit Servietten und Gewürzen. Wir halten an und sehen uns das Ganze genauer an. Die Hütten sehen aus wie eine Mischung aus Restaurant und Wohnhaus. Nachdem uns zunächst eine Dame weiterschickt, weil sie mit ihrem Baby alleine ist und deshalb nicht für uns kochen kann, werden wir von ihrer Nachbarin freundlich empfangen.

Mit der Verständigung klappt es erst beim zweiten Anlauf – indem wir auf die Tische und auf den Kühlschrank zeigen, versteht sie unser Anliegen. Sofort deutet sie auf die Tische und fordert uns auf, Platz zu nehmen. Eine Karte oder ähnliches gibt es nicht, wir bekommen einfach nur etwas zu essen. Wir nehmen uns ein kaltes Wasser aus den Kühlschrank und warten. Im vorderen Bereich der Hütte gibt es eine offene Küche, die wir aber nur bedingt einsehen können. Hinter unserem Tisch beginnt der Wohnraum. Hin und wieder holt die Frau Gemüse aus dem Kühlschrank mit den Getränken, wir hören es zischen und blubbern und freuen uns über den Besuch einer Katze. 

Es ist mittlerweile kurz vor zwei Uhr am Nachmittag. Nach wenig Minuten bekommen wir zwei große Schüsseln mit Nudelsuppe. Natürlich mit jeder Menge Fleischeinlage. Außerdem einen Teller mit Salatblättern, Schlangenbohnen und Kräutern. Die Bohnen werden oft roh gegessen und einfach Stück für Stück abgebissen, den Salat und die Kräuter, vor allem Minze, werfen wir mit in die Suppe. Ich möchte nicht unhöflich sein, schließlich konnten wir uns ohnehin kaum verständigen und die Frau hat nicht gezögert, uns eine Suppe zu kochen. Also löffle ich die Brühe tapfer aus (ich denke, es war Rinderbrühe), esse die Nudeln und das Gemüse und schaufle das Fleisch nach und nach meinem Freund in die Schüssel.

Zumindest etwas gestärkt geht es weiter. Wir verlassen den Highway bald und merken deutlich, wie wir immer höher fahren. Die Straße verändert sich. Gut ausgebaut ist sie noch immer, aber anstatt nur geradeaus zu fahren, schlängeln wir uns jetzt entlang von Serpentinen durch dichte Wälder. Die Sonne sinkt immer weiter und taucht die weitgehend leere Straße in ein wunderschönes Licht. Wir nähern uns Thalang. Entlang der Straße tauchen immer wieder tote Bäume auf, die von Wasser umgeben sind. Das ist typisch für diese Gegend. Grund ist wohl ein Staudamm, durch den die Regionen stellenweise geflutet und ganze Dörfer umgesiedelt wurden. Kurz vor halb fünf passieren wir das Ortsschild. Den ersten Tag haben wir geschafft, jetzt geht’s in die Unterkunft.

Denkste. Als wir unsere gebuchte Unterkunft erreichen, werden wir zunächst völlig ignoriert. Wir stehen auf einem Gelände mit wenigen Bungalows, Hühner jagen über das Gras, zwei Frauen wuseln umher. Als wir eine davon ansprechen, erklärt sie uns, dass die Unterkunft, die wir suchen, ein Stück weiter die Straße hinauf zu finden ist. Komisch – denn die Bungalows sehen ziemlich genau so aus wie die auf den Fotos im Internet. Aber was soll’s. Wir fahren wenige hundert Meter weiter, bevor wir in einen kleinen beschilderten Weg einbiegen, der uns zu besagtem Guesthouse führt. Es trägt tatsächlich denselben Namen, die beiden Unterkünfte sind wohl ein und dieselbe, die einfachen Holzbungalows liegen allerdings an zwei Stellen im Ort.

Dann der Dämpfer: Eine ziemlich zerknirschte Frau erklärt uns, dass sie unsere Buchung vergessen hat. Alle Zimmer sind voll. Später hören wir von Mitreisenden, dass sich wohl ein Teil der laotischen Regierung eingebucht hat, um sich die Gegend anzusehen. Wir stehen ohne Unterkunft da. Die Besitzerin, die wirklich untröstlich zu schein sein, bietet uns an, im Privathaus ihrer Eltern zu übernachten. Es dämmert bereits. Anstatt im Wohnzimmer der Eltern zu schlafen, versuchen wir unser Glück in dem einzigen weiteren Guesthouse, das es in Thalang gibt. Es ist nur wenige Meter entfernt. Also wieder ab auf die Roller uns los. Die Stimmung ist ziemlich gedämpft als wir den extrovertierten Mann nach einem Schlafplatz fragen. Wir hoffen auf einen freien Bungalow, aber Fehlanzeige. Er bietet uns zwei Plätze im Schlafsaal an. „Okay“, denken wir. „Das kann ja nicht so schlimm sein, der Schlafsaal in Thakhek war schließlich auch völlig in Ordnung.“

Weit gefehlt. Es ist absolut widerlich. Drei Doppelbetten stehen dicht nebeneinander in einem großen Raum, der völlig kahl ist. Wir suchen uns ein Bett aus, eines ist bereits belegt. Und das nicht nur von den toten Spinnen, die darin liegen. Das Leintuch ist löchrig, die schwere Fleece-Decke voller Haare und Flecken, die Betten riechen muffig und sind völlig durchgelegen. Im Bad liegen benutzte Wattestäbchen, die Toilette riecht unfassbar stark nach Urin. Spiegel, Mülleimer oder Handtuchhalter gibt es nicht. Hier und da kommt der Putz von den Wänden. Die Stimmung ist jetzt nicht mehr gedämpft, sondern völlig im Keller. Oder eher irgendwo tief in der Erde. Wir gehen duschen, damit wir am nächsten Morgen früh loskommen. Das BBQ, dass es abends gibt, ist in Ordnung. Für Vegetarier gibt es Reis, Pommes und Salat ohne Dressing. Wir gehen früh schlafen, die Decke benutzen wir nicht.

Tipp: Vor Thalang nochmal tanken, die nächste Tankstelle kommt erst wieder in der Nähe von Lak Sao.
Thakhek-Loop Tag 1: Check.
Gefahrene Strecke: 120 Kilometer.

Tag 2: Von Thalang nach Kong Lor

Die Nacht war kurz. Sehr kurz. Und zerstückelt. Wir schalten den Wecker aus, bevor er klingelt. Fit sind wir nicht, aber der Drang, weiterzufahren überwiegt allemal. Zum Frühstück gibt’s ein Croissant, das innen noch gefroren ist und einen Bananen-Shake, der voll großer Eisbrocken ist, sodass der Mund nach einem Zug am Strohhalm voller Eis ist. Naja. Wir machen uns auf den Weg.

Der Elan kehrt schnell zurück. Die Landschaft ist einfach traumhaft schön. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass es hier oben in den Bergen wirklich frisch ist. Sweatshirt und Halstuch trage ich ohnehin schon. Nach wenigen Kilometern Fahrt kommt meine Regenjacke dazu – sie hält den Fahrtwind ab, so ist es wesentlich angenehmer.

Überall tauchen riesige Wasserfelder mit abgestorbenen Bäumen auf. Mal liegen ganze Flächen entlang der Straße, mal lassen sich die Felder durch das Dickicht am Straßenrand nur erahnen. Wir passieren Brücken und begegnen nur wenigen Menschen. Das Gefühl, sich bei Sonnenschein, blauem Himmel und kühler Luft entlang der Serpentinen zunächst noch höher zu schlängeln, ist atemberaubend. Hinter jeder Kurve steckt ein weiterer Ausblick, mit dem ich nicht gerechnet habe. Es ist wunderschön. Für mich ist die heutige Strecke die schönste der Route, besonders dieses erste Stück gleich hinter Thalang.

Buddha-Felsen, Traktoren und eine unglaubliche Aussicht

Wir kurven entlang der schroffen Felswände, fahren immer höher in die Berge. Plötzlichen tauchen hinter einer Kurve eine Kuh und ihr Kalb auf, einfach so im Nirgendwo. Die beiden sehen uns ziemlich überrascht an – wir sie vermutlich nicht weniger. Etwa 30 bis 40 Minuten hinter Thalang sind wunderschöne Buddha-Bildnisse in die ungleichen Felsen geschlagen. Ein schöner Hingucker direkt an der Straße. Nach einer Weile erreichen wir den höchsten Punkt des Berges – die Aussicht ist atemberaubend. Wir halten an, um den Anblick aufzusaugen. Ich stehe vor diesem Tal und kämpfe mit den Tränen. In der Ferne reiht sich Hügel an Hügel, dazwischen immer wieder Wolkenfetzen. Vor uns liegen Bäume, Palmen und sattgrüne Felder. Auf der Straße hinter uns tuckern einfache Traktoren mit langgezogenen Dreieckslenkern und Holzanhängern vorbei, teilweise sitzen darauf ganze Familien. Einige Kinder gucken neugierig und winken uns zu. Es ist wunder-, wunderschön.

Grundsätzlich passieren ständig – wirklich ständig – Hühner, Gänse, Hunde, Ziegen und vor allem Kühe die Straße. Mehr als einmal schlängeln wir uns durch Herden oder warten, bis die Tiere die die andere Seite erreicht haben. Die Einheimischen sind davon weniger beeindruckt. Bevor wir unseren nächsten Stopp, die Cool Springs, erreichen, fahren wir immer wieder durch kleine Siedlungen mit Holzhütten. Nicht selten liegen zwischen den kleinen Ortschaften mehrere Kilometer. Immer wieder spielen Kinder Fußball, die Tore bestehen aus zwei Holzstäben, die im Boden stecken.

Nach einer Weile erreichen wir den nächsten großen Ort. Die Straßen werden breiter, der Verkehr dichter, Geschäfte reihen sich aneinander. Am Straßenrand entdecke ich einen hübschen Tempel. Wir nutzen die Gelegenheit für eine Trinkpause und ich sehe mir das Gelände des Wat Oudom genauer an. Es ist super idyllisch und ruhig, vielleicht auch, weil Mittagszeit ist. Ein paar junge Mönche in ihren leuchtend orangenen Gewändern fahren mit klapprigen Fahrrädern über den großen Hof und grüßen mich nett. Ich wäre gerne noch etwas länger geblieben, aber wir haben noch ein Stück vor uns und die sengende Hitze tausche ich gerne gegen den Fahrtwind ein.

Cool Springs

Die Landschaft wird wieder ländlicher, nach wie vor sind die Straßen gesäumt von bunten Feldern, häufig ist es Reis, der dort wächst. Kühe und Büffel bewegen sich durch die hohen Halme, am Straßenrand sind immer wieder kleine Stände aufgebaut, an denen Frauen Wassermelonen, Ananas oder andere Früchte verkaufen. Bis zu unserem nächsten Halt ist es nicht mehr weit. Ein langer Schotterweg führt von der Hauptstraße weg direkt zu den Cool Springs.

Der Stopp ist, soweit ich das einschätzen kann, ziemlich bekannt. Und dennoch sind wir beinahe alleine. In einem kleinen Häuschen am Ende des Schotterwegs, der sicherlich zwei bis drei Kilometer lang ist und an dessen Seite ein kleines Dorf liegt, sitzt ein Mann, der das Eintrittsgeld kassiert. Hinter der Hütte sitzen Männer im Schatten und spielen Karten. Den Schnaps, den sie uns anbieten, lehnen wir dankend ab. Bis zu den cool Springs sind es nur wenige Meter zu Fuß, es gibt Toiletten und sogar Umkleiden. Ich vermute, dass vor der Pandemie mehr los war – es soll sogar ein kleines Restaurant gegeben haben.

Wir erreichen ein Wasserbecken, das von Felsen und Bäumen umgeben ist. Eine Brücke führt auf die andere Seite. Das Wasser ist unglaublich klar und leuchtend blau, darin Schwärme voll kleiner Fische. Der See und die Idylle drumherum laden zum Baden ein, wir verzichten allerdings. Eine laotische Familie hingehen nutzt ihn für ein ausgiebiges Bad. Leider mit Seife, was normalerweise verboten ist. Ein Stopp bei den Cool Springs lohnt sich alle mal. Es ist sicher auch nett, dort eine Essenspause einzulegen. Im Schatten der Bäume und mit den nackten Füßen im Wasser, stelle ich mir das ziemlich angenehm vor.

Endspurt mit wunderschönem Ziel

Ein bisschen Weg haben wir noch vor uns. Der letzte größere Ort, den wir vor unserem Ziel erreichen, heißt Na Hin. Es ist halb zwei am Mittag als wir ihn erreichen. Wir hatten gehofft, ein Restaurant oder ähnliches zu finden, leider hatte alles geschlossen. Tatsächlich haben wir Schwierigkeiten, etwas zu essen zu finden. Also erst einmal tanken. Man hatte uns gesagt, dass es hier die letzte Tankstelle vor Kong Lor gibt, was sich später aber als falsch herausstellen sollte. Egal.

Wir fahren noch einmal in den Ort und entdecken einen Markt. In einer kleinen Halle, die zu allen Seiten hin geöffnet ist, sind Stände mit Obst, Gemüse, Fleisch und Fisch aufgebaut. An wenigen Tischen scheint es verarbeitete Lebensmittel zu geben. Wir kaufen uns Kanom Krok, wunderbar leckere Kokosküchlein, die innen weich und außen schön knusprig sind, außerdem Sommerrollen, zu denen es ein kleines Tütchen mit Soße gibt. Sitzplätze oder ähnliches gibt es nicht, also essen wir auf unseren Rollern. Hin und wieder kommt eine Kuh vorbei. Die Gegend ist super authentisch und spannend, mit den vielen Blicken der Locals kann ich allerdings nicht allzu gut umgehen.

Das letzte Stück Richtung Koh Lor ist wieder von Feldern und kleinen Siedlungen umgeben, unglaublich authentisch und hübsch. Bis auf ein kurzes Stück zu Beginn ist die Straße sehr gut ausgebaut – die letzten Kilometer vor unserem Hotel sind allerdings wirklich fordernd. Landschaftlich ist die Gegend noch immer eine Wucht, die Straße ist allerdings die schlechteste, die wir bisher befahren haben. Tiefe Krater ziehen sich durch die Schotterpiste aus rotem Sand, dazwischen stecken immer wieder Steinbrocken im Boden. Aber auch das ist machbar. Vor allem, weil wir mit der schönsten Unterkunft überhaupt belohnt werden.

Das Spring River Resort ist absolut traumhaft und eine Herzensempfehlung. Wir stellen unsere Roller ab und öffnen ein hüfthohes Tor. Ein schmaler Holzsteg führt durch Bananenpalmen und Kardamompflanzen. Der Geräuschpegel steigt sofort an, das Zirpen der Insekten ist unglaublich laut (eine App misst 70 dB). Das kenne ich so nur von Wanderungen im Dschungel. Aber genau dort sind wir – mitten im Dschungel. Wir haben einen einfachen Gartenbungalow gebucht. Darin steht ein bequemes Bett mit Moskitonetz, außerdem gibt es einige Regelbretter und Haken. Eine eigene Toilette und eigene Dusche haben wir nicht. Sie liegen einige Meter entfernt und sind super sauber, genauso wie der Bungalow. Beim Zähneputzen begegnen wir Faltern, die so groß sind wie kleine Mandarinen und riesigen Geckos. Ohrstöpsel und eine Schlafbrille sind nachts empfehlenswert.

Der Essensbereich und eine gemütliche Lounge liegen direkt an einem Fluss mit Lagune. Mick (ich glaube, so hießt er), der Manager ist nett und sehr hilfsbereit, das Essen ist lecker und einen Wäscheservice gibt’s auch. Die Unterkunft bietet Kajaks an, die wir nutzen, um die Lagune entlang zu paddeln. Am Ufer schlafen immer wieder Wasserbüffel, hin und wieder schleppen sie sich ins seichte Wasser – es ist unglaublich. Weil die Unterkunft so traumhaft schön ist, verlängern wir spontan von einer Nacht auf drei Nächte.

Nur eine Nacht in dieser wunderschönen Unterkunft mitten in der Natur? No way!

Thakhek-Loop Tag 2: Check. Gefahrene Strecke: 160 Kilometer.

Mit dem Boot durch die riesige Kong Lor Cave

Für 250.000 Kip (knapp 14 Euro pro Person) buchen wir über unsere Unterkunft ein Taxiboot zur Kong Lor Cave und zurück. Für laotische Verhältnisse ist das super teuer – verrückt, wenn man bedenkt, wie viel wir in Deutschland dafür bezahlen würden. Ein junger Mann holt uns nach dem Frühstück um kurz vor 9 Uhr an der kleinen Anlegestelle unseres Hotels ab. Die Fahrt zur Höhle dauert etwa 30 Minuten. Es ist traumhaft. Auf einem schmalen hölzernen Boot steuert unser Fahrer geschickt den Fluss entlang, weicht immer wieder Felsen oder kleinen bewachsenen Inseln aus. Hier und da ragen Hölzer aus dem Wasser. Wir treffen jede Menge Gänse und Enten, sehen Fischschwärme, die aus dem Wasser springen und Libellen, die über die unruhige Oberfläche jagen.

Unzählige Wasserbüffel nehmen ein morgendliches Bad oder liegen in der Sonne. Einige hieven ihre massigen Körper aus dem Wasser und werfen sich in die staubige Erde. Immer wieder passieren wir schiefe, provisorisch errichtete Holzzäune, die sich vom Ufer bis ins Wasser ziehen. Wir sehen Menschen, die Gemüse anbauen, Wäsche oder sich selbst waschen oder mit großen engmaschigen Holzkörben Fische fangen. Wir sehen das echte Leben. Teilweise fühlt es sich fast so an, als würde man die Privatsphäre der Menschen stören. Das Boot tuckert vor sich hin, ein frischer Wind weht uns um die Nase, während die Morgensonne die Schultern wärmt.

Dann erreichen wir die Cave. Wir kaufen Tickets für 110.000 Kip (sechs Euro) pro Person – für laotische Verhältnisse ist das extrem teuer. Allerdings bekommen wir dafür auch einiges geboten. Am Ticket-Häuschen erhalten wir Stirnlampen (die braucht man auch!) und Schwimmwesten. Es lohnt sich trotzdem, zusätzlich eine eigene Taschenlampe mitzunehmen. Denn in der Höhle ist es dunkel. Sehr dunkel. Gemeinsam mit unserem Steuermann, den wir ebenfalls am Ticket-Häuschen treffen, laufen wir wieder runter zum Fluss, überqueren eine wacklige Bambusbrücke und laufen den schmalen Weg zum Eingang Höhle entlang – in Summe sind das vielleicht 300 Meter. Einfache Holzboote liegen im seichten Wasser. Wir waten durch wadentiefes Wasser, werfen unsere Rucksäcke in das Boot und setzen uns selbst auf die schmalen Querstreben. Unsere Birkenstock-Badeschlappen sind die perfekte Wahl, denn nasse Füße gibt’s auf jeden Fall.

Wir legen ab und tuckern los. In der Höhle ist es stockdunkel, zu Beginn ist es schon ein wenig gruselig. Im Hintergrund hört man Wasser von der Decke und den Wänden tropfen, unterbrochen wird das stete „Platsch, platsch“ nur vom Rattern des Motors und dem Geräusch des Wassers, wenn wir es mit unserem Boot zur Seite schieben. Unser Fahrer erhellt den Weg mit einer großen Leuchte, unsere Stirnlampen werfen gelbe Punkte an die schroffen Wände. Ganz ehrlich? Wirklich viel bringt beides nicht. Immer wieder können wir die teils extrem hohen Wände (bis zu 100 Meter!) nur erahnen. Wie der Fahrer den Weg durch die Höhle mit ihren kleinen abschüssigen Stellen, Felsvorsprüngen und -formationen findet, ist mir unbegreiflich.

Nach nicht allzu langer Zeit halten wir an. Es ist der einzige „ausgebaute“ und beleuchtete Teil der Höhle. Bizarre Tropfsteingebilde türmen sich auf, sie werden von hellen Scheinwerfen angestrahlt und werfen lange Schatten an die Wände. Danach geht’s zurück ins Dunkel der sieben Kilometer langen Höhle. Nach rund 30 Minuten Fahrt steuern wir auf einen hellen Lichtfleck zu. Das Wasser ist abschüssig. Wir steigen aus und packen mit an, um das Boot sicher die kleine Stromschnelle hinunter zu befördern. Es wird schlagartig wärmer, wir haben den Ausgang der Höhle erreicht und wir schippern ein paar hundert Meter den begrünten Fluss entlang, ehe wir den Beginn eines kleinen Dorfes („Natane Valley“) erreichen.

Unsere Fahrer schmeißt uns aus dem Boot und wartet bis zu zwei Stunden auf uns. Das Dorf ist nicht klein, es ist winzig. An einem der wenigen Stände kaufen wir uns etwas zu trinken und erfreuen uns an einigen Katzenbabys, die nur wenige Tage alt sind. Unter einer Baumgruppe liegt eine Gruppe Kühe in der trockenen Erde. Viel mehr ist hier nicht los. Man kann Fahrräder mieten und Richtung Dorf fahren, aber wir verzichten. Stattdessen kehren wir zu unserem Fahrer zurück und machen uns auf den Rückweg. Ohne die Fahrt vom Hotel zur Höhle und zurück sind wir etwas über zwei Stunden unterwegs.

Mein Fazit? Ein lohnenswerter Ausflug! Die Fahrt durch die kirchenhohe Kong-Lor-Höhle ist wirklich abenteuerlich, sehr beeindruckend und ein wenig gruselig. Man sollte nicht zimperlich sein – nasse Füße und ein nasser Po lassen sich nur schwer vermeiden. Sollte es die Möglichkeit geben, mit dem Taxiboot zur Höhle zu gelangen: Macht es.

Tag 3: Von Kong Lor nach Thakhek

Nach zwei wunderschönen Tagen an diesem traumhaften Ort, verlassen wir das Spring River Resort nach dem Frühstück um kurz nach 8 Uhr. Wir können nicht wirklich einschätzen wie (schlimm) der Highway wird, über den wir im Vorfeld so viel gelesen haben und planen ausreichend Zeit ein. Zunächst fahren wir wieder Richtung Na Hin, wir lassen die gelben abgemähten Felder mit den Büffeln und Schweinen hinter uns und kämpfen uns den steinigen Weg entlang. Mit einem guten Frühstück im Bauch und nach zwei entspannten Tagen fühlt sich der Weg nur noch halb so holprig an. Wir erreichen Na Hin.

Unser Weg führt uns nun wieder Serpentinenstraßen hinauf. Sie sind geteert, aber immer wieder voll riesiger Schlaglöcher, die schonmal einen Meter breit und dreißig Zentimeter tief sind. Wir erreichen unseren ersten und einzigen Stopp des Tages, den Rock Viewpoint mit einer wunderbaren Sicht auf den Lime Stone Forest. Hier oben gibt’s ein super modernes Café. Wir bestellen etwas Kaltes zu trinken, machen es uns auf der Aussichtsterrasse bequem und werden direkt zum (Foto-)Objekt der Begierde einiger asiatischer Frauen. Aber gut, so lange es nur das ist. Und hier oben gibt’s noch mehr: Neben einer Hängebrücke gibt’s hier außerdem eine sogenannte Spidernet-Brücke und eine Zipline. Scheinbar ist ein Besuch der drei Attraktionen nur in Kombination möglich. Schade – über die Hängebrücke wäre ich gerne geschlendert, auf das Spidernet und die Zipline verzichte ich dann doch lieber.

Blick vom Rock View Point auf den Lime Stone Forest

Wir schwingen uns wieder auf unsere Honda Zoomer und kommen recht schnell auf den Highway Nummer 13. Im Netz liest man unzählige Meinungen zu dieser Straße: Langweilig soll sie sein, es gebe nichts zu sehen und man schrubbe nur Kilometer runter. Lebensgefährlich ist sie für andere, Trucks drängten einen fast von der Straße. Wieder andere sagten, der Highway sei eine Straße wie jede andere auch. In meinem Kopf hatte ich mir also die schlimmsten Szenarien ausgemalt. Da sah ich dichten Verkehr und große LKW, die keine Rücksicht auf kleiner Rollerfahrerinnen wie mich nehmen. Selbst schuld, dachte ich mir – du wolltest ja unbedingt länger in Kong Lor bleiben.

Also fahren wir auf den Highway auf. Und ich merke es erst nach mehreren Kilometern. Denn der Highway gleicht viel eher einer deutschen Landstraße. Der Verkehr ist nicht annähernd so dicht, wie ich ihn mir auf einer Straße, die die offizielle Bezeichnung „Highway“ trägt, vorgestellt hatte. Stellenweise herrscht im Vergleich zu den anderen beiden Tagen etwas (!) mehr Verkehr, aber auch das liegt noch völlig im Rahmen. Die allermeisten Fahrzeuge, die uns überholen halten ausreichend Abstand. Wir passieren Geschäfte, Häuser, Wälder und Kautschukplantagen. Zwischendurch wird die Straße etwas schlechter, kurze Stücke mit Schotter sind normal. Mit der Erfahrung, die wir zu diesem Zeitpunkt haben, ist das aber überhaupt kein Problem.

Wir kommen gut durch und steuern weit früher auf Thakhek zu als wir es erwartet hatten. Etwa 60 Kilometer vor unserem Ziel verändert sich das Bild. Die Umgebung wird geschäftiger, gleicht einem Industriegebiet. Die Kautschukplantagen nehmen zu, wir sehen immer mehr Holzgroßhändler und große Trucks gesellen sich zu uns auf die Straße. Kurz vor Thakhek, die Stadt ist bereits regelmäßig ausgeschildert, wird die Straße tatsächlich um einiges schlechter. Sie ist voller Erde und trockenem grauen Sand, der von den LKW hochgewirbelt wird. Wir ziehen unsere Halstücher über Mund und Nase und klappen unsere Helmvisiere zu. Das hilft. Etwa drei Kilometer vor Thakhek tanken wir unsere Roller noch einmal voll, bevor wir wenige Minuten später zurück auf den kleinen Parkplatz vor Dirks Rollervermietung tuckern.

Mein Fazit? So ängstlich ich im Vorfeld dieses kleinen Rundtrips war, so voller Freude war ich währenddessen und so dankbar für diese Erfahrung bin ich jetzt, ein paar Wochen danach. Den Thakhek-Loop zu fahren war eines der schönsten Dinge, die ich je erleben durfte. Auf zwei Rädern mit dem nötigsten Gepäck durch Zentrallaos zu fahren, bedeutet ein unglaubliches Gefühl von Freiheit. Ich bin so stolz auf mich, dass mir keine Schotterpiste, kein Krater von einem Schlagloch und kein Truck etwas anhaben konnten. Wir haben so viel echtes Leben gesehen. Auf dem Weg liegen zwar jede Menge Höhlen und Co., das eigentliche Highlight ist aber die Fahrt selbst. Mit der Sonne im Gesicht und dem Fahrtwind in den weiten Hosenbeinen durch dichte Wälder, gelbe Felder und vorbei an Wasserbüffeln und Ziegenherden zu fahren, das ist pures Glück.

Thakhek-Loop Tag 3: Check. Gefahrene Strecke: 190 Kilometer. Wieder sicher in Thakhek: Check. Gesamtstrecke: 470 Kilometer in drei Tagen. Zufriedenheitslevel: 1000000000.

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